Italien

Die Dolomiten: Ein Paradies – nicht nur für Wanderer

Wir können es selbst kaum fassen: Nach fast 4 Wochen verlassen wir nun die Dolomiten. So lang kam es uns gar nicht vor. Aber kein Wunder, dieses wunderschöne und einzigartige UNESCO-Weltnaturerbe hat uns restlos in seinen Bann gezogen. Nirgendwo anders in den Bergen ist es so schön wie hier. Das behaupte ich einfach mal, denn jede Region in den Dolomiten ist anders und einmalig und glänzt mit ihrem eigenen Dolomitengebirgsmassiv oder Gipfel. Keine Kulisse gleicht der anderen. Hier kann man noch auf Entdeckertour gehen. Da sind die 3 Zinnen in den Sextner Dolomiten, die markant aus der Ebene herausragen; der sagenumworbene, mystische und wilde Fanes-Sennes-Prags-Naturpark; die vielen Hochebenen, allen voran die Seiser Alm, die größte Hochebene Europas, auf der es so friedlich ist und man weit über die lieblichen Hügel bis zum Platt- und Langkofel blicken kann; und nicht zu vergessen die Geislerspitzen, ein wunderschönes Gebirgsmassiv, am besten zu erreichen vom Villnößtal aus. Hier hatte Reinhold Messner als Bub immer seine Sommerferien verbracht und sagt noch heute, dass dies der schönste Ort in den Dolomiten sei. Wir haben das Gefühl die Dolomiten komplett erwandert zu haben. Zum Teil stimmt das vielleicht auch. In allen Regionen haben wir uns jedenfalls die Highlights herausgepickt und wurden nie enttäuscht. Ständig gab es ein „Oh“ hier, ein „Ah“ da. Ich kam gar nicht hinterher mit dem Fotografieren. Wer mich kennt, weiß, was das bedeutet. Grins. Daher haben die Wanderungen bei uns meistens auch doppelt so lange gedauert wie angegeben. Aber man sollte sich auch Zeit lassen, um die Umgebung auf sich wirken zu lassen. Ja, dieser Bericht ist auch eine Liebeserklärung an diese einmalige Gebirgskette, die es nirgendwo auf der Welt so gibt wie hier. Und es gibt natürlich noch mehr zu entdecken. Wären die ganzen Bergbahnen schon in Betrieb gewesen, wären wir wahrscheinlich noch immer dort. Aber das hat auch sein Gutes: Sehr oft, wenn nicht sogar meistens waren wir ganz allein auf den Wanderwegen unterwegs. Und das in Europa! Ein Traum!
Unser Dolomiten-Aufenthalt beginnt mit der Seiser Alm. Eher durch Zufall landen wir dort, auf der Suche nach einem Campingplatz in der näheren Umgebung von Bozen. Die ganzen Broschüren auf dem Campingplatz machen dann doch neugierig. Wäre ja auch total bescheuert, wenn wir die Seiser Alm nicht besuchen würden, wo wir schon mal hier sind. Allerdings kommt man nicht so ohne weiteres auf die Alm, die auf etwa 1700 Meter Höhe liegt, hinauf. Von 1060 Meter auf 1700 Meter hochzuwandern haben wir aber keine Lust, und die Seilbahn startet erst Ende Mai ihren Betrieb. Man kann zwar auch mit dem Auto hinauffahren, aber der Parkplatz dort oben soll 16 € kosten. Ne, danke. Also nehmen wir den Bus, der zudem auch noch kostenlos für uns ist, denn in unserer Kurtaxe-Karte ist die sogenannte „Mobilcard“ enthalten, mit der wir eine Woche lang alle Linienbusse nutzen dürfen. So sitzen wir mit einigen Schulkindern im Bus, die auf dem Serpentinenweg nach oben zur Alm nach und nach abgesetzt werden. Der Blick auf die umliegende Bergwelt und den neben uns steil aufragenden Dolomitenfels „Schlern“, der auch das Wahrzeichen Südtirols ist, wir nun immer spektakulärer. In der Ferne kann man sogar die noch schneebedeckten Alpen sehen. Ein Panorama par excellence, besonders bei diesem schönen Wetter heute.
Oben auf der Alm angekommen, passieren wir zu unserer Rechten den Parkplatz und stellen fest, dass dieser nur 8 € pro Tag kostet. So ein Ärger! Dann hätten wir ja doch hier hochfahren können und wären unabhängig von den Busfahrzeiten. Nun ist es aber zu spät. Wir sind nun auch bereits in der ersten Ortschaft auf der Seiser Alm, in „Compatsch“  angelangt. Wir haben uns aber eine Wanderung relativ am Ende der Hochebene herausgesucht, von der man die beiden markant aus der Ebene herausragenden Dolomitenberge Plattkofel und Langkofel und die Sellagruppe (Gebirgsmassiv) gut sehen kann. Somit fahren wir auch an den nächsten Haltestellen vorbei und steigen kurz vor Saltria, der letzten Haltestelle und Ortschaft, aus. Das Wetter ist bombig heute, die Alm sehr wenig besucht und das Panorama einmalig. Eine weite hügelige Fläche mit wenig Baum- und Waldbestand, und dann diese beiden Dolomitenfelsen, die erhaben am Ende der Ebene emporragen. Grandios!

Alles ist so still und friedlich. Was für eine Ruhe! Autos fahren hier nur vereinzelt und die meisten Hütten haben noch geschlossen. Man hat das Gefühl, diese riesige Ebene ganz für sich allein zu haben! Perfekt! Und ein starker Kontrast zum sehr überlaufenen Gardasee.
An der Hütte Ritsch biegen wir Richtung Sanon-Hütte und Sporthotel Sonne ab. Der ununterbrochene Blick auf die beiden Dolomitenfelsen und die Sellagruppe (Gebirgszug) ist beeindruckend. Ständig bleiben wir stehen, um das Panorama zu genießen und Fotos zu schießen.

Am Sporthotel Sonne, das einen Frontalblick auf die beiden Dolomitenberge hat, geht es nun hinauf zur Bergstation der Seilbahn nach St. Ulrich. Jedoch sind wir uns nicht ganz sicher, ob wir nun dort tatsächlich hinauflaufen sollen, denn wir möchten den Bus gern um 16:45 Uhr (der um 18 Uhr ist uns zu spät) erwischen. Das könnte aber knapp werden, wenn wir noch bis zur Bergstation hochwandern würden. Doch unsere Neugier auf die Aussicht auf St. Ulrich im Grödner Tal siegt. Für die erhoffte Aussicht hat sich der Weg allerdings nicht gelohnt. Sie wird von vielen Bäumen versperrt, durch die man nur hin und wieder blicken kann. Und dann finden wir den spärlichen Blick ins Tal auch nicht grad spektakulär, aber die folgende Strecke wieder hinab zur Straße ist einfach fantastisch. Die Wolken, die sich die ganze Zeit noch über und etwas vor den beiden Dolomitenfelsen befanden, verschwinden nun und der Himmel klart noch mehr auf. Genial! Wir können uns gar nicht losreißen von der Weitsicht. Auch den noch schneebedeckten Schlern kann man wunderbar von hier aus erkennen.

Nun müssen wir uns aber sputen, damit wir wenigsten noch den letzten Bus um 18 Uhr erreichen. 20 Minuten bevor er kommt, sind wir wieder unten an der Straße und entschließen uns, schon mal zur nächsten Haltestelle zu marschieren.
Die nächsten drei Tage fahren wir auf der „Großen Dolomitenstraße“ von Bozen nach Cortina d`Ampezzo auf und ab durch die grandiose Bergwelt und über hohe Pässe, auf denen noch Schnee liegt.

Unser Willi meistert die Steigungen und Abfahrten mit Bravour. Nur der letzte Pass, der Fedaia, auf 2044 Meter macht ihm zu schaffen. Das liegt sicher an der starken Steigung. Mehr als der 2. Gang ist nämlich nicht drin. So zockeln wir halt die letzten 5 Kilometer gemütlich nach oben. Auf dem Pass angekommen gönnen wir Willi und uns am Fedaia-Staudamm eine nächtliche Pause zum Abkühlen.
Ein Highlight auf der „Großen Dolomitenstraße“ ist sicherlich der Karersee (Lago di Carezza) vor dem Panorama der mächtigen Dolomitengruppe „Latemar“. Doch leider ist es der „Latemar“ bei unserem Besuch stark von Wolken umhüllt und der See mit sehr wenig Wasser gefüllt (durch den trockenen Winter, in dem es sehr wenig geschneit hat). Dafür leuchtet er in einem satten Türkis-blau!

Der Morgen auf dem Fedaia-Pass beginnt nicht gut. Erstens regnet es in Strömen und dann läuft Kolja auch noch draußen gegen das geöffnete Schiebetürfenster. Folge: Platzwunde am rechten Jochbein. Was sollen wir jetzt bloß machen? Die Wunde klafft schon ganz schön auseinander. Müsste man die nähen lassen? Aber wo wäre bitteschön hier in den Bergen das nächste Krankenhaus? Also lege ich selbst Hand an. Erst reinige ich die Wunde mit einem Wundspray und anschließend mit kolloidalem Silber. Gut, dass wir noch die zwei restlichen Klammerpflaster mitgenommen haben, die ich mal für eine Schnittwunde am Finger benötigt hatte. Ich ziehe eins ab und klebe es so über die Wunde, dass sie zusammengedrückt wird und nicht mehr aufklafft. Sieht gut aus, die Wunde blutet nicht mehr und wir beide sind mit der Wundversorgung zufrieden.
Nach einer kleinen Ruhepause fahren wir auch schon wieder los. Das Timing ist perfekt, es hört auf zu regnen und die Sonne lässt sich langsam blicken. Nun geht es erstmal wieder bergab und anschließend wieder bergauf zum Pass Falzarego auf 2105 Meter.

Das Dolomitenpanorama ist einmalig und findet seinen Höhepunkt in Cortina d`Ampezzo, das eingebettet in einem Tal umringt von mächtigen Dolomitengipfeln liegt. Da wir vom Pass hinunterkommen, haben wir bei der Anfahrt eine unglaubliche Sicht in das Tal, auf Cortina und die Dolomiten rundherum.



Für die nächsten sieben Tage haben wir uns in eine Ferienwohnung am „Issinger Weiher“ im oberen Pustertal, nicht weit entfernt von der österreichischen Grenze eingemietet. Ja, so lange Zeit auf engem Raum zu leben und sich ständig um die Grundbedürfnisse (frisches Wasser, Toilette) kümmern zu müssen, schlaucht ganz schön, vor allem, wenn man oft wild steht. Da braucht man irgendwann mal wieder mehr Platz. Auf Airbnb sind wir fündig geworden. Doch zuerst geht`s von Cortina d`Ampezzo im unteren Pustertal durch wilde, dichte, einsame Wälder, zwischen denen immer wieder mächtige Dolomitenfelsen herausragen. Das Wetter ist auch grandios heute. Blauer Himmel und wenig Wolken. Gern würden wir hier heute wandern gehen, aber wir müssen ja weiter zur gemieteten Unterkunft. Nach einer Stunde erreichen wir auch schon das obere Pustertal und sind auf einmal in einer ganz anderen Welt. Die hochalpine und wilde Wald- und Dolomitenlandschaft lassen wir mit einem Male hinter uns und befinden uns plötzlich in einer Alpenvorlandschaft wieder. Das Pustertal ist hier weiter, lieblicher, hügeliger und ländlicher und erinnert irgendwie ans Allgäu. Keine spektakuläre Aussichten, aber trotzdem irgendwie schön.
Gleich am nächsten Tag fahren wir zum Pragser Wildsee, dem beliebtesten See der Dolomiten. Wie auch der Karersee ist der Pragser See nicht vollständig mit Wasser gefüllt. Das Bootshaus und der Steg liegen im Trockenen. Dafür ist das Wasser schön türkis-grün und die Kulisse traumhaft!

An Nordende des Sees thront das Hotel „Pragser See“. Im Süden wird der See vom Massiv des „Seekofels“ beherrscht, und auch an seinem Ostufer ragen die Berghänge imposant empor. Ein paar Touristen sind hier schon unterwegs, aber sicherlich nicht mit dem Andrang im Sommer zu vergleichen. Die Atmosphäre ist wunderbar ruhig und still und strahlt etwas Mystisches aus. Vielleicht liegt es daran, dass der See in der Südtiroler Sagenwelt zum Reich der Fanes gehörte, deren Unterwelt man mit Booten erreichen konnte.
Den Pragser Wildsee (Lago di Braies)  kann man gut und leicht zu Fuß umrunden. Doch ein Abschnitt auf der Ostseite ist leider gesperrt, dort finden zurzeit Bauarbeiten statt. Das stört uns und einige andere aber gar nicht, dann gehen wir halt am Kiesstrand entlang und nicht auf dem Wanderweg. Allerdings kommt man nur bis zu einem Felsvorsprung, dann muss man wieder umdrehen. Bevor wir an der Westseite des Sees weitergehen, machen wir einen Zwischenstopp am Bootshaus am Nordende des Sees, das zu dieser Jahreszeit noch keine Boote vermietet. Auf der Terrasse kann man sich aber gut auf Holzstühlen und Liegebänken sonnen. Eine Malerin ist gerade dabei, die See-Kulisse auf einer Leinwand einzufangen.
Der Weg auf der Westseite bietet immer wieder schöne Ausblicke und Fotomotive.

Am Südende befindet sich ein großer Kiesstrand, über den man auf die Ostseite spazieren könnte. Doch wir entscheiden uns nach rechts abzubiegen und den Weg zur Grünwaldhütte im Seitenbachtal einzuschlagen. Eine gute Entscheidung, denn die Umgebung ist hier einfach grandios! Umringt von mächtigen Dolomiten marschieren wir durch lichten Nadelwald, in dem es herrlich duftet.

Einige gelbe und blaue Alpenblümchen schauen auch schon aus dem Boden. Ich mag es hier!

Bald schon weitet sich das Tal und wir erreichen die Grünwaldhütte. Ein wunderschöner Flecken mit freier Sicht auf die umgebenen Dolomiten. Hier machen wir erst einmal Rast und genießen den Ort.

Danach geht es noch ein Stückchen weiter, bis wir eine weitere offene Fläche erreichen. Es ist so friedlich hier, dass wir uns gar nicht mehr lösen können. Doch es ist bereits früher Abend und langsam sollten wir mal wieder den Rückweg zum Parkplatz einschlagen. Unser Willi wartet bestimmt schon. Außerdem müssen wir ja auch wieder eine knappe Stunde zurückfahren und noch etwas zu essen kochen…
Auf dem Rückweg lassen wir uns noch ein letztes Mal bei der Grünwaldhütte nieder und genießen die Ruhe und Stille. Auch am Pragser Sees ist es jetzt noch einsamer geworden. Die meisten Besucher sind schon gegangen und der See liegt nun klar, dunkelblau und still vor uns. Hier, am Südende des Sees, soll das Eingangstor zur Unterwelt der Fanes liegen. Aber leider holt uns keiner ab. Schade. So müssen wir doch wieder zum Parkplatz zurückmarschieren…
Der Tag war wunderbar und die Region um den Pragser Wildsee einfach unglaublich friedlich, still und wunderschön!
Am übernächsten Tag steht erneut eine Wanderung auf dem Zettel, auf die ich mich ganz besonders freue, denn es geht nun tiefer hinein in das sagenumworbene Reich der Fanes.
Wir fahren ein Stück durch das obere Gardertal (Val Badia) und biegen kurze Zeit später ins Enneberger Tal nach St. Vigil ab, das gemütlich dörflich wirkt und von Dolomitenspitzen überragt wird. Hier biegen wir nun ins Rautal nach Pederü bzw. zur Pederü-Hütte ab, wo wir unsere Wanderung zur Kleinen Faneshütte starten wollen. Die Fahrt durchs Rautal ist beeindruckend und wunderschön, da es links und rechts durchgängig von Dolomitenwänden und Gipfeln begrenzt wird. Allein hier hätte sich schon eine Wanderung gelohnt, zumal sie ohne Steigung geradewegs durchs Nadelbaum bestandene Tal führt.
Nach 15 Minuten weitet sich das Tal und wir erreichen das Ende der Straße – die Pederühütte auf 1548 Metern. Die Lage inmitten eines Kessels umrundet von Dolomitenfelswänden und Gipfeln ist einmalig. Hier lassen wir unseren Willi zurück und gehen per Pedes weiter. Es geht bergauf, hinter uns wird die Pederühütte immer kleiner, bis sie nur noch ein kleiner Fleck ist. Wir kommen kaum vorwärts, nicht weil es so anstrengend ist, sondern weil wir ständig stehenbleiben und die unterschiedlich geformten und farbigen Dolomitenfelsen um uns herum bestaunen müssen.

Oben angekommen, werfen wir noch einmal einen letzten Blick in den Kessel, dann geht`s leicht bergauf und weiter ins Tal hinein.
Es gibt zwei Wege, zwischen denen man wählen kann. Den regulären Wanderweg Nr. 7 oder die geschotterte Straße, die eigentlich den Fahrradfahrern vorbehalten ist. Da wir hier aber total allein unterwegs sind – nur zweimal kommt uns ein Mountainbiker entgegen – ist es kein Problem auf der Straße zu gehen. Außerdem läuft man hier dichter am rauschenden Fluss und hat eine freiere Sicht. Schon bald kommen die ersten unteren drei Hütten der Faneshütte in Sicht. Gegenüber befindet sich das „Parlament der Murmeltiere“, ein natürliches Amphitheater aus Karstgestein. Und sofort sehen wir auch die ersten Murmeltiere aus ihren Löchern kriechen und wieder in ihnen verschwinden.
Hinter den Hütten verläuft der Fluss und wir entscheiden uns dort auf der Holzbrücke eine Brotzeit einzulegen, da die Sonne gerade so schön scheint.

Eine gute Entscheidung, denn nach unserem Aufbruch verdunkelt es sich, dicke Quellwolken ziehen auf. Wir wandern weiter und erreichen nach ein paar Minuten die eigentliche Faneshütte, von der man einen schönen Blick auf die etwas unterhalb liegende moorartige Fläche hat, auf der sich die Lavarella-Schutzhütte und einige kleinere verstreut liegende Hütten befinden.

Wir steigen über helle und glatte Gesteinsflächen zur Schutzhütte hinab und kommen dabei am Grünsee vorbei, der leider nicht so schön grün leuchtet wie sein Name verspricht, denn mittlerweile hat es sich so zugezogen, dass es zu tröpfeln beginnt. So überqueren wir die Moor-Hochebene, bis wir die Lavarella-Hütte erreicht haben und stampfen hinter der Hütte auf einem schmalen Weg steil bergauf, da wir hoffen, hier zu den drei erhöht liegenden Seen zu kommen, von denen wir in einer Wanderbeschreibung gelesen hatten und die auf der Karte eingezeichnet sind. Doch oben angekommen, gibt es keine Seen, nur eine weite Hochfläche mit einem kleinen Teich.

Aber das macht gar nichts, der Weg war trotzdem nicht umsonst, denn von hier oben hat man einen überwältigenden Blick auf die Dolomitenwelt. Sogar ein paar Murmeltiere lassen sich hin und wieder blicken. Die Frage ist jetzt nur, wie wir wieder hinunter auf den Hauptweg kommen, denn so langsam müssen wir mal den Rückweg einschlagen. Schließlich ist es schon 19 Uhr. Doch scheinbar ist dieser Weg nicht mit dem Weg Nr. 7 verbunden und führt weiter in die Bergwelt hinein. Aber wieder hinunter zur Lavarella-Hütte zu gehen und von dort zurück auf den Hauptweg haben wir keine Lust. Also gehen wir querfeldein und steil den Abhang hinunter. Dabei passen wir natürlich auf, nicht auf die einzelnen Alpenblümchen zu treten, die schon zaghaft ihre Knospen aus dem Boden strecken.
Schon kurze Zeit später stehen wir direkt vor den unteren Hütten der Fanes-Hütte, wo wir unsere Brotzeit eingenommen hatten. Perfekt! Somit sind wir nun wieder auf dem Hauptweg und können zurückmarschieren.

Der Abstieg hinunter zur Pederü-Hütte kommt uns ewig vor. Das liegt wohl daran, dass unsere Beine und Füße mittlerweile schmerzen. Zu lang waren wir mal wieder unterwegs gewesen, so ungefähr 7 Stunden. Normalerweise braucht man für die Wanderung ca. 4 Stunden. Aber kein Wunder, wie immer haben wir viele Fotos geschossen und die Natur ausgiebig bewundert.
Um kurz vor neun kommen wir endlich wieder bei unserem Willi an. Die Rückfahrt erfolgt somit im Dunkeln. Aber wir haben Glück. Gerade als wir  wieder zu Hause ankommen, fängt es kräftig an zu regnen – gefolgt von Blitzen und Gewitter. Da haben wir ja nochmal Glück gehabt! Vielleicht haben ja die Fanes das große Unwetter von uns ferngehalten…

Ein paar Tage später dann das Highlight der Dolomiten: Die Umrundung der 3 Zinnen (Tre Cime de Lavaredo) in den Sextner Dolomiten.
Südtirol ist übrigens zweisprachig (deutsch und italienisch). Auf den Schildern werden die Dörfer und Städte immer in zwei Sprachen ausgewiesen. Daher setze ich die italienische Bezeichnung immer in Klammern.
Zurück zu den 3 Zinnen. Die Zufahrtsstraße hoch zu den 3 Zinnen ist mautpflichtig. Wir sind nun gespannt, ob wir als Auto, Kleinbus oder Wohnmobil eingestuft werden, denn die Preise variieren je nach Fahrzeugklasse. Und wir haben Glück! Wir zahlen den niedrigsten Preis, 25 €. Nur zu blöd, dass wir eine Ferienwohnung haben, denn man darf oben bei den Drei Zinnen auch über Nacht stehen…
Nun folgen 7 Kilometer bei 12% Steigung in Kurven bergauf. Aber Willi schafft das! Und schon bald kommt die Auronzo-Hütte auf 2333 Metern in Sicht, unterhalb der sich die Parkplätze befinden. Dann geht es endlich los! 3 bis 3:30 Stunden soll die Umrundung dauern. Mal sehen wie lange wir diesmal brauchen! Grins. Die Auronzo-Hütte liegt an der Südseite der Drei Zinnen. Wir sind aber auf die Nordseite gespannt, denn dort befindet sich die berühmte und fotogene Ansicht des Drei-Zinnen-Massivs.
Auf dem nun folgenden Weg zur Lavaredo-Hütte bestaunen wir das zerfurchte, noch schneebedeckte Gebirge zu unserer Rechten und die steilaufragenden Zinnen zu unserer Linken. Nach etwa 40 Minuten erreichen wir die Lavaredo-Hütte auf der Ostseite des Massivs, wo wir eine kurze Pause einlegen.

Auf der Ebene liegt noch Schnee und vor uns die Spitzen der drei Zinnen. Nun folgt der kurze Anstieg zur Nordseite der Drei Zinnen.Der Blick zurück auf die Dolomitengipfel in der Ferne ist beeindruckend.

Als wir auf der Nordseite ankommen, die Ernüchterung: Die komplette Ebene unterhalb der Drei Zinnen bis hin zur Dreizinnenhütte (2450 Meter), die einen fantastischen Blick auf die Nordseite der Zinnen verspricht, liegt noch unter einer dicken Schneeschicht. Verdammt! Etwa nix mit Umrundung heute? Man hat zwar schon von hier aus einen schönen seitlichen Blick auf die Nordwand des Drei-Zinnen-Massivs, aber wir haben ja nicht 25 € bezahlt, um nun wieder umzudrehen! Ne, ne, nicht mit uns! Wir schauen uns die Spuren im Schnee, die andere Wanderer hinterlassen haben, mal genauer an. Ja, so machen wir das! Wir werden den Spuren folgen und durch den Schnee stapfen!

Zuerst kommt uns ein osteuropäisches Pärchen entgegen. Wir fragen sie nach der Beschaffenheit des Weges. Viel können sie uns aber nicht berichten, sie sind nur bis zum Rand der Ebene hinuntergegangen, aber nicht weiter bis zur Dreizinnenhütte, da der Weg bis dorthin immer schwieriger wird. Kurz danach kommt uns ein junges deutsches Pärchen entgegen, welches den kompletten Weg von der Auronzo-Hütte bis hierher gegangen ist, halt nur in entgegengesetzter Richtung. Es ist also machbar und das Wetter heute ja grandios! Sonnenschein pur! Außerdem ist es ja bis um 21 Uhr hell. Dann haben wir ja also noch viel Zeit! Und so stapfen wir weiter durch den Schnee, der uns bei diesem Sonnenschein ganz schön blendet.

Hin und wieder brechen wir tief ein, was zur Folge hat, dass Schnee von oben in den Wanderstiefel eindringt. Da bringt es auch nichts, dass unsere Stiefel wasserdicht sind. Gamaschen wären jetzt hilfreich gewesen. Wir gehen trotzdem bis zum Rand der Ebene weiter, von wo man einen eindrucksvollen Blick auf die Nordwände hat.

Sollte es jetzt nicht mehr weitergehen, hätte sich dieses Stück durch den Schnee schon alle Male gelohnt. Wir kundschaften aber den weiteren Weg zur Hütte aus. Auch hier befinden sich Spuren, aber es geht links ziemlich steil bergab und rechts sind von den Dolomitengipfeln schon einige Lawinen hinuntergekommen, wie man unschwer erkennen kann. Hoffentlich lösen wir keine zweite Lawine aus! Aber das dürfte jetzt nicht mehr passieren, da der Schnee schon ziemlich fest ist. Über die Lawinen machen ich mir auch weniger sorgen, bei mir löst eher der steile Abgrund Beklemmungen aus. Was ist, wenn ich abrutsche und mit dem Schnee hinunterrolle? Tja, Höhenangst lässt grüßen. So fassen wir beide uns an eine Hand, während Kolja vorweg geht; mit der anderen Hand klammere ich mich an seinen Rucksack. Den Blick nach unten spar ich mir, ich konzentriere mich lieber darauf, in Koljas Fußspuren zu treten. So geht es eine ganze Weile und ich habe das Gefühl, nicht vorwärtszukommen. Mal kommen schwere Abschnitte, mal geht es leichter. Doch dann haben wir plötzlich wieder Grip unter unseren Schuhen, wir sind unterhalb der Dreizinnenhütte angekommen! Der Blick von hier auf das Dolomitenmassiv ist beeindruckend! Was für eine Kulisse!

Doch wenn wir es nun schon bis hierher geschafft haben, wollen wir selbstverständlich auch hoch zur Hütte! Auf dem Weg nach oben liegt ebenfalls noch Schnee, der schmelzend den Weg hinunterfließt. Oben angekommen müssen wir noch kurz durch eine schneebedeckte Fläche waten, bis wir endlich die Hütte erreichet haben. Die Kulisse von hier ist überwältigend! Alpine Schönheit rundherum!

 

Hier könnte ich bleiben und übernachten, aber die Hütte hat ja noch geschlossen, so wie fast alle anderen Hütten in den Dolomiten auch. Aber wir sehen nun, wo der Helikopter hingeflogen ist, den wir über uns bemerkt hatten. Er ist direkt hinter der Hütte gelandet, und der Pilot genießt nun ebenso wie wir das schöne Panorama. Nach einer kurzen Pause müssen wir aber den Abstieg in Angriff nehmen, denn mittlerweile ist es schon 18 Uhr! Ja, tatsächlich! Da wir für den Abstieg keine Fußspuren im Schnee entdecken, wählen wir den Weg, den wir hochgegangen sind.

  

Von hier aus geht es nun weiter bergab, teilweise ist der Weg hier sogar frei von Schnee. Wo noch Schnee liegt, folgen wir den Spuren oder hüpfen auf freiliegende Geröllhügel. Nach Überqueren der tiefsten Stelle, wo ein kleiner See liegt, geht es im Schnee wieder bergauf. Das erste Stück erinnert an die Abgrund-Strecke zur Dreizinnenhütten, aber dann wird es am Ende so richtig steil und wir rutschen hin und wieder leicht ab. Panik steigt in mir hoch, mein Herz rast und schlägt bis zum Hals. Hastig atme ich die kalte Luft durch meinen Mund ein. Überlebe ich das? Aber natürlich. Geschafft! Endlich oben. Nun geht es über die teils schneebedeckte geröllige Ebene weiter zur Westseite der Zinnen, hinter der schon der Parkplatz liegen soll – laut des jungen deutschen Pärchens.

Wir hüpfen durch Schnee und auf Hügel und finden hin und wieder den Marker für den Wanderweg. Als wir an der Langalmhütte angekommen sind, steht der Sonnenuntergang kurz bevor. Was tun? Weitergehen, um den Rest des Weges nicht im Dunkeln laufen zu müssen oder sich das Spektakel der im Sonnenuntergang rotglühenden Zinnen anschauen? Natürlich Zweiteres! Ist doch klar! Die Sonne sinkt, die Temperatur fällt schlagartig. Schnell kramen wir unsere Jacken aus dem Rucksack und setzen unsre Mützen auf. Handschuhe wären jetzt auch nicht verkehrt. Haben wir aber nicht dabei. Ist auch egal, die Verfärbungen der Zinnen im untergehenden Sonnenlicht von gold bis rötlich ziehen uns zu sehr in unseren Bann. Grandios! Einmalig! Gänsehaut! Natur ist fabelhaft! Auch der Sonnenuntergang auf der anderen Seite gegenüber der Zinnen ist nicht minder spektakulär. Gold-rot geht sie hinter den zackigen Dolomitengipfeln unter.

Wir sind dankbar, dass wir sowas erleben dürfen. Nun aber schnell im restlichen Licht des Tages hinüber über den letzten Hügel zurück zum Parkplatz. Doch da haben wir uns getäuscht. Kein Parkplatz in Sicht! Der Weg geht noch weiter! Oh je! Schaffen wir das noch im Licht? Ein letztes Mal schauen wir nun auf die mondartige, unwirkliche und schneebedeckte Ebene, die zwischen den Drei Zinnen und der Dreizinnenhütte liegt und von unterschiedlich geformten Dolomitenfelsen umrahmt wird. Einfach unbeschreiblich schön und so surreal! Aber auch zur anderen Seite, zur Westseite, ist der Blick auf die Dolomitenbergwelt einmalig, vor allem im jetzigen Dämmerlicht. Ein letztes Mal stampfen wir nun durch Schnee am Abgrund entlang und sehen schon den, so vermuten wir, Straßenbegrenzungszaun der Auronzohütte. Doch zu früh gefreut, wir haben es nun gerade mal geschafft, die Westseite der Zinnen zu umgehen. Jetzt folgt noch ein Stück auf der Südseite, bis wir schließlich bei Dunkelheit unseren Willi erreichen. Wie schön wäre es nun, schnell etwas kochen und über Nacht hier stehenzubleiben zu können – so wie die beiden Camper neben uns. Aber wir müssen ja nun die 1, 5 Stunden wieder zurück zu „unserer“ Wohnung fahren, wo wir schließlich um 23 Uhr ankommen.
Am nächsten Tag erfahren wir von unserem Vermieter, warum die Straße zu den Drei Zinnen letzte Woche gesperrt war. Es wurde dort eine Szene für den neuen Star Wars Film gedreht. Die skurrile Ebene auf der Nordseite der Drei Zinnen ist aber auch wirklich prädestiniert dafür! Mir fielen beim Anblick auch gleich Szenen aus Raumschiff Enterprise ein…
Eine schöne gemütliche Wanderrunde kann man auf den Plätzwiesen drehen, die sich nicht weit entfernt vom Pragser See befinden.  Auch hier kostet die Zufahrtsstraße, normalerweise 8 €. Da es schon so spät ist, müssen wir nur 5 € zahlen. Anschließend geht`s in Kurven auf 2000 Meter. Auf dem letzten Stück regelt eine Ampel den Einbahnverkehr. Alle 5 Minuten ist jeweils  die andere Straßenrichtung geöffnet.
Oben angekommen marschieren wir gleich los und erreichen nach 5 Minuten die erste Hütte, den Berggasthof Plätzwiese. Angetan von der schönen Bergkulisse lassen wir uns gleich hier auf der Terrasse zu einem Cappuccino und einer heißen Schokolade nieder und genießen den Blick auf den imposanten Dolomitengipfel „Hohe Gaisl“ gegenüber.

Nach der Kaffeepause geht es ohne Steigung weiter zum anderen Ende der Hochalm, zur Dürrensteinhütte, die wir nach etwa 40 Minuten erreichen. Von hier hat man eine schöne Sicht in Richtung der noch schneebedeckten „Sextner Dolomiten“, zu denen auch die „Drei Zinnen“ gehören, aber leider können wir die Zinnen aus dieser Entfernung nicht wirklich erkennen. Vielleicht liegt es an den Wolken, die um die Gipfel schwirren. Macht aber auch nichts, denn die Hochalm selbst ist schön genug und erinnert ein wenig an die größere Seiser Alm.

Die nächsten zwei Tage gönnen wir uns einen Wellnessurlaub in einem 3*-Sterne Hotel in Terenten (Terentino) – Special Angebot aus dem Internet. Wir können es aber nicht lassen, auch hier eine kleine Wanderung ins Mühlenbachtal zu unternehmen, in dem man 7 alte Mühlen, einen schönen Wasserfall

… und Erdpyramiden bewundern kann, die durch Erosion entstanden sind.

Die Strecke führt leicht bergauf am plätschernden Mühlenbach entlang  und ist sehr idyllisch. An der Jausenstation „Jennewein“ machen wir eine Kaffeepause mit Blick auf die Erdpyramiden. In Kanada würde man sie vermutlich „Hoodoos“ nennen.
Nach der Pause geht weiter bergauf und an den letzten Mühlen vorbei.

Nach dem Überqueren einer kleinen Holzbrücke führt der Weg mit freiem Blick auf die umliegenden Berge und auf Terenten wieder bergab.
Nach unserem Hotelaufenthalt geht die Fahrt durch das Gardertal (Val Badia) Richtung Süden. Hier lassen wir uns die Armentarawiesen nicht entgehen – auch eine Hochebene. Am leichtesten und schnellsten erreicht man diese ab Wengen, genauer gesagt ab Furnicia. Von hier aus geht man ungefähr eine Stunde lang auf einer Straße bis zu den Armentara-Wiesen bergauf. Doch man kann die schmale Straße auch noch weiter hinauf bis zu einem Parkplatz fahren, von dem man die Wiesen in nur 20 Minuten erreicht. Und genau das machen wir. Außerdem bietet sich der Parkplatz super zum Übernachten an.
Die Hochebene der Armentarawiesen ist genauso wie die Plätzwiesen und die Seiser Alm für ihre Blütenfülle bekannt. Doch leider blühen zu dieser Zeit auch hier noch nicht so viele Blumen. Trotzdem ist der Blick über die weite offene Fläche, die mit vielen kleinen Hütten besprenkelt ist, bis hin zu den schneebedeckten Bergen in der Ferne beeindruckend. Wie auch auf den anderen Hochebenen, die wir besucht haben, herrscht hier eine friedliche Stille und Ruhe. Zudem ragt der Kreuzkofel markant über den Armentara-Wiesen empor. Eine wirklich wunderschöne Kulisse!

Wir folgen den Wanderschildern zur Heiligkreuzkirche und wandern nun stetig bergauf. Dabei haben wir den Kreuzkofel immer im Blick. An der Heiligkreuzkirche lassen wir uns auf einer Bank nieder und packen unsere Riegel und Kekse aus. In dem Moment kommen drei Alpendohlen angeflogen und warten ungeduldig, dass wir ihnen ein paar Krümel hinwerfen, was wir natürlich auch tun. Die Vögel sind sehr zutraulich und hüpfen sogar neben uns auf die Bank.

Auf dem Rückweg genießen wir noch ein letztes Mal die Stille mit Blick über die Armentarawiesen, bevor wir zurück zum Parkplatz gehen.

Hin und zurück dauert die Wanderung vom Parkplatz etwa 3 Stunden.
An der „Capanna Alpina“, die nicht weit entfernt von St. Kassian (San Cassiano) ganz am Ende der Straße eingekesselt zwischen steilaufragenden Dolomiten liegt, wollen wir eigentlich zur Groß-Fanes-Hütte im Fanes-Sennes-Prags-Naturpark wandern , müssen aber mit Entsetzen feststellen, dass die Wanderung bis dorthin 3 Stunden dauern soll, davon die ersten 1,5 Stunden steil bergauf! Und das Ganze dann natürlich auch wieder zurück! Puh, ne, dazu haben wir heute keine Lust und wählen die Alternative: In 50 Minuten zur Scotoni-Hütte auf 1985 Metern. Es führt eine gut begehbare, aber steile Schotterstraße in Serpentinen nach oben. Naja, die 200 Höhenmeter müssen ja irgendwie überwunden werden.
Auf etwa Hälfte der Strecke brettern im Abstand von einigen Minuten zwei Jeeps an uns vorbei. Aha, wahrscheinlich gehören die zur Hütte. Mit einem mitleidigen Schmunzeln im Gesicht grüßen sie uns freundlich. Aber wir schlagen uns tapfer, die regelmäßigen Verschnaufpausen nutzen wir, um das Dolomitenpanorama und die tiefe Sicht hinein in den Kessel zu genießen. Ganz klein da unten können wir die Capanna Alpina Hütte ausmachen. Die Umgebung erinnert ein wenig an die Szenerie um die Pederü-Hütte herum.

Oben angekommen erwartet uns umgeben von Dolomitengipfeln eine kleine Hochebene, auf der genüsslich zwei Alpakas grasen. Ups, sind wir etwa bis nach Südamerika gewandert? So weit war der Weg nun auch wieder nicht. Ach, nein, die beiden Nutztiere gehören zur Scotoni-Hütte, deren Holzhütten sich zur linken Seite befinden.

   

Nachdem wir uns ein wenig mit den Alpakas beschäftigt haben, gehen wir zur anderen Seite der Hochebene und kommen dabei an einer kleinen Holzkapelle vorbei. Hier machen wir kurz Rast und beratschlagen uns, ob wir nun wieder zurückgehen oder den Weg hinauf zu zum Lagazuoi-See stiefeln sollen. Beim Anblick der steilen Wanderstrecke, wie sie sich da in schmalen Serpentinen nach oben durch eine Schlucht zwängt, vergeht mir jetzt schon die Lust. Ich gebe mir aber einen Ruck. Schließlich bin ich neugierig auf den See und die Sicht von oben. Also auf geht`s! Wir meistern den Weg schneller als gedacht.

Oben liegt der See dann gleich ein paar Meter zu unserer Linken. Schön smaragdgrün liegt er vor uns am Fuße des Dolomiten „Pizes de Fanis“, der erhaben vor uns und dem See aufragt.

Von hier könnte man nun auch weiter zu Fanes-Hütte gehen, aber 2 Stunden sind heute dann doch nicht mehr drin. Schließlich müssten wir dann auch wieder 3 Stunden zurück.
„Hörst du das? Das sprechen Leute miteinander! Aber wo sind die bloß? Ich sehe niemanden“, teilt mir Kolja ganz aufgeregt mit. Und im Abstand von ein paar Minuten immer wieder: „Da reden doch welche! Sitzen die da oben vor der Höhle?“
Mit zusammengekniffenen Augen schaue ich nach oben zur Höhle und suche mit meinen Augen den weiteren Wanderweg zur Faneshütte oberhalb vom See ab, kann aber nix erkennen.
„Hörst du schon Stimmen?“, antworte ich nur sarkastisch und rate ihm bei nächster Gelegenheit mal einen Arzt aufzusuchen. Dabei höre ich die Stimmen auch. Grins. Aber kurze Zeit später dann die Auflösung: Einige hundert Meter über uns hängen 3 Kletterer an der Wand des steilaufragenden „Pizes de Fanis“ und kommunizieren hin und wieder miteinander, was natürlich an den ganzen Bergwänden widerhallt und somit auch zu uns hinunterdringt. Wahnsinn! Ich würde sterben da oben!!! Kurze Zeit später lösen sich, wohl durch die Kletterer verursacht, Steine und kleine Felsbrocken von der Kletterwand und poltern grollend hinunter. Durch das Echo hört sich das wie ein Riesenbrocken an, der da runterkommt. Ängstlich und erschrocken schauen wir nach oben und sind schon zum Sprung bereit, aber dann beruhigt sich das Gepolter endlich. Hauptsache, da ist keiner abgestürzt…
Ich hab dann auch mal gleich eine Kletterpartie auf einem Felsen eingelegt:

Um kurz nach fünf schlagen wir wieder den Rückweg ein, da in der Ferne dunkle Regenwolken herannahen. Doch während unseres Abstiegs hinunter zur Scotoni-Hütte lichten sich die Wolken, die Sonne strahlt am blauen Himmel!


Spielplatz an der Scotoni-Hütte – Wir haben unser Zuhause gefunden!

Doch unten an der Capanna Alpina ist es schon wieder bewölkt…
Zwei Nächte verbringen wir auf einem Parkplatz oberhalb von Corvara auf der Strecke Richtung des  Campolongo Passes  mit Superaussicht auf Corvara und den hinter dem Ort aufragenden Dolomitengipfel namens „Sassongher“.

Einen Nachteil hat der Stellplatz: Die Straße ist bei Motorradfahrern sehr beliebt. Ununterbrochen heizen sie die kurvige Passstraße hoch- und runter und bringen unsere Köpfe zum Vibrieren. Dazu gesellen sich jede Menge Autos, Sportflitzer, Transporter und Rennradfahrer. Tja, die Straße über den Passo Campolongo nach Arabba ist halt eine wichtige Verbindungsroute. Die zweite Nacht verbringen wir hier allerdings eher unfreiwillig, denn die Straße über das Grödnerjoch (ein Pass) hinein ins Grödnertal (Val Gardena) bis nach St. Ulrich ist wegen des großen italienischen Radrennes „Giro d`Italia“ gesperrt. Das stellen wir erst fest, als uns eine Polizeiabsperrung stoppt. Wir könnten noch über den Passo Campolongo bis nach Arabba fahren, aber da geht`s auch nicht weiter, teilt uns der Polizist mit. Hm, was machen? Kurzerhand entscheiden wir uns vom Passo Campolongo aus zum See „Lech de Boè“ (auf 2250 Metern) unterhalb des Dolomitengipfels „Piz Boè“, und zur Piz Boe Alpine Lounge hochzusteigen. Das bedeutet mal wieder 300 Höhenmeter!
Auf dem Pass stellen wir unseren Willi in einer Straßeneinbuchtung ab und folgen den Wanderschildern zur Hütte und zum See. Der Weg verläuft auf einer geschotterten und gerölligen Versorgungsstraße, allerdings ziemlich steil bergauf. Nach ein paar langen steilen Abschnitten hat man von einer Bank einen schönen Blick über die Hügel auf das „Marmolada-Massiv“ mit dem höchsten Gipfel der Dolomiten, der „Punta Penia“ (3343 Meter). Die Marmolada ist zudem auch der größte Gletscher der Dolomiten und ein urzeitliches  Atoll, das noch eine Vielzahl an Fossilien enthält. Der Name hat übrigens nichts mit Marmelade zu tun, sondern stammt von dem lateinischen Wort „Marmor“ ab.

Nun folgt eine letzte lange steile Strecke und anschließend eine mäßige (von der wir ganz klein in der Ferne unseren Willi am Straßenrand stehen sehen und feststellen, dass ein rotes Auto neben uns geparkt hat), dann sind wir endlich auf dem Plateau angelangt, auf dem die Alpine Lounge steht. Leider hat sie noch nicht geöffnet, genauso wie die Seilbahn, die von Corvara hier hoch führt. Schade, denn der Panoramablick vom Restaurant durch die lange Glasfront muss überwältigend sein. Aber so schlimm ist es auch nicht, neben der Seilbahnstation hat man eine ebenso fantastische Panoramasicht. Links sieht man noch ganz knapp den Sassongher, der Corvara überragt, dann die Kreuzkofelgruppe und zu unserer Rechten die Marmolada. Unglaublich dieses Wahnsinnspanorama! Lange bleiben wir stehen und schauen immer wieder von links nach rechts und zurück, bis der eisige Wind uns dazu zwingt die Jacken anzuziehen und den letzten 10 minütigen Anstieg bis zum See in Angriff zu nehmen.
Der See empfängt uns mit einer grandiosen Kulisse. Fast kreisrund liegt er von steilen Dolomitenfelsen eingerahmt vor uns. Leider ist der See noch mit einer Eisschicht bedeckt, nur ein schmaler Rand am kleinen Strand ist schon aufgetaucht und gibt einen Blick ins klare und smaragdgrün schimmernde Wasser frei.

Nach einer kurzen Pause geht es für uns auf dem gleichen Weg wieder zurück. Um auf dem Geröll und den Steinen nicht auszurutschen, nutzen wir wo vorhanden den grünen Seitenstreifen oder kürzen den Abstieg querfeldein über die Hügel ab. Nach 3 Stunden 45 Minuten sind wir wieder bei unserem Willi. Das rote Auto ist mittlerweile weg.
Am nächsten Tag können wir endlich über das Grödnerjoch ins Grödnertal fahren.  Eigentlich hatten wir auch hier eine Wanderung geplant. Es ist uns dort aber viel zu viel los. Verkehr ohne Ende, Motorradfahrer, Sportflitzer, Wohnmobile, Reisebusse, Fahrradfahrer. Wie geht es hier wohl im Sommer zu?

Schade eigentlich, denn die Serpentinenstraße hoch zum Grödnerjoch ist schon spektakulär und die Aussichten zu beiden Seiten des Passes grandios.

Aber was soll`s. Weiter geht`s durch eine schöne Dolomitenbergwelt hinein ins Grödnertal. Hier passieren wir die drei Orte Wolkenstein, St. Christina und St. Ulrich und erreichen schon bald unser Ziel für heute: Klausen (Chiusa) im Eisacktal, wo wir uns auf dem einzigen Campingplatz einmieten, und einen freien Blick auf das Kloster „Säben“ haben, das Klausen auf einem Hügel überragt.

Gern würden heute noch dort hochstiefeln und uns die Altstadt anschauen, aber das Thermometer zeigt 33 Grad.  So eine Hitze sind wir gar nicht mehr gewohnt! Wir haben uns in den Dolomiten im Durchschnitt ja schließlich immer so auf 2000 Meter Höhe aufgehalten. Da wehte immer eine frische Brise und das Thermometer ging nie über 20 Grad. Für uns fühlt es sich jetzt so an, als ob wir aus dem tiefsten Winter in die Tropen geflogen sind. Kreislauf lässt grüßen!


Ein paar Tage später dann doch auf dem Weg hinauf zum Kloster

Ein wirklich krönender Abschluss unserer Dolomitentour ist die Wanderung von Alm zu Alm im Villnößtal (Val di Funes) am Fuße der zackigen Geislerspitzen.  Dazu fahren wir vom Ort St. Magdalena die 6 Kilometer hinauf zur Zanser Alm und wandern hier zur Glatsch Alm. Sofort werden wir vom Anblick der imposanten Geislerspitzen überwältigt, auf die wir hier nun zum ersten Mal eine freie, nahe und vollständige Sicht haben!

Wir müssen zugeben, uns gefallen diese Dolomitengipfel bisher am besten. Nach einer deftigen „Speckknödel-Pause“ auf der Alm brechen wir schweren Herzens auf.

Aber uns erwartet ja oben auf den beiden anderen Almen sicherlich auch noch ein schönes Geislerspitzen-Panorama. Die weitere Strecke auf dem Adolf-Munkel-Weg führt direkt unterhalb der Geislerspitzen entlang.

Es herrscht hier eine ganz besondere friedliche Atmosphäre, und auch der Nadelgeruch ist wieder so intensiv! Ich liebe es! Immer wieder bieten sich schöne Fotomotive der Geislerspitzen, und an einer Stelle lassen wir uns kurz nieder, um die Szenerie zu genießen.

Auf den letzten 30 Minuten zur Gschnagenhardt Alm (2006 Meter) geht es noch einmal leicht bergauf. Und dann eröffnet sich vor uns die eine große freie Ebene und uns wird sofort klar, warum dieser Ort immer noch Reinhold Messners Lieblingsplatz in den Dolomiten ist.

Das Panorama auf die Geislerspitzen ist so überwältigend, dass auch wir sagen müssen: „Ja, es ist so weit, offen und friedlich hier oben und der Anblick dieser perfekten Dolomitengipfel einfach so unbeschreiblich, es ist mit das Schönste, was wir in den Dolomiten gesehen haben!“

Für ein paar Minuten lassen wir die Szenerie auf uns wirken.

5 Minuten Fußweg unterhalb der Gschnagenhardt Alm liegt die urige Geisleralm, die mit vielen kleinen Details und Holz-Dekorationen designt wurde.

Da ist als Erstes die große Terrasse mit ihren individuell gestalteten Holztischen zu erwähnen. Verschiedene Formen, Schnitzereien und Ideen wurden hier verwirklicht. Zum Beispiel befindet sich unter einem großen langen Barhockertisch ein kleiner angerichteter Garten und an einer Stelle kann man in einem großen Waschtrog sitzen.

Es ist sehr gemütlich hier. Einzigartig ist hier auch das sogenannte „Geislerkino“. Etwas oberhalb am Hang befinden sich unterschiedlich designte Sonnenliegen aus Holz, von denen man das „Geislerpanorama“ genießen kann. Einfach einmalig! Lustig sind auch die ziemlich großen und verschieden aussehenden Holzwichtel, die neben an in einem Halbkreis aufgestellt sind und auf ihren Schürzen jeweils einen anderen Spruch tragen, z. B. Mann mit „Auto sucht Frau mit Garage“.


Ich falle zwischen den Wichteln gar nicht auf, oder?

Schade, hier hätte ich heute Mittag doch gern auf der Terrasse etwas verweilt und gegessen. Nun schließt der Wirt aber gerade ab und verabschiedet sich von uns. Viel Zeit zum Genießen haben wir eh nicht mehr, denn wir wollen unten in St. Magdalena das „Geisler-Glühen“ (so nenne ich das mal) nicht verpassen. Auf  einer weiten Blumenwiese steht hier ganz allein kleine Kapelle St. Johann vor der Kulisse der zackigen Geislerspitzen, die an wolkenfreien Tagen von der untergehenden Sonne rot gefärbt werden. Die Zeit wird knapp, die Sonne verabschiedet sich langsam, es wird kühler. Wir beginnen zu sprinten. Wieder an der Glatsch Alm angekommen, beginnen die Geislerspitzen bereits zu leuchten. Kurz überlegen wir, ob wir das Alpenglühen hier genießen sollen, hechten dann aber bergab weiter. Um halb neun sitzen wir wieder in unserem Bulli und rasen die 6 Kilometer lange Straße nach unten. Schaffen wir es? Oder ist der Zauber schon vorbei? Auf dem Weg nach unten können  wir die Geislerspitzen nicht sehen. Die Spannung steigt. Hätten wir doch lieber oben entspannt auf der Glatsch Alm bleiben sollen. Unten im Tal angekommen biegen wir nach links ab, wo gleich direkt die Parkeinbuchtung gegenüber des erhöht liegenden Zaunes liegt, von dem man das „Geisler-Glühen“ einwandfrei beobachten kann.
Während der letzten Meter habe ich schon meine Kamera gezückt, den Anschnallgurt gelöst und den Türgriff fest in der Hand. Kolja bremst, ich springe raus und laufe hoch zum Zaun. Wir haben es doch tatsächlich geschafft! Dank an das Universum! Das Glühen hat gerade begonnen.

Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich an diese magische Kulisse denke. Das Bild hat sich in mein Gehirn gebrannt. Ich werde diesen Anblick nie vergessen! Es ist so einmalig, einfach unbeschreiblich! Das Glühen wird immer röter, bis nach etwa 10 Minuten alles vorbei ist. Und dann zack, als ob jemand das Lichtausgeknipst hat, verwandeln sich die Geislerspitzen wieder in ein Grau.
Ich bin überglücklich, dass sich das Glühen an mit einem wolkenfreien Himmel beobachten konnte und, dass wir es überhaupt zeitlich geschafft haben.
Unsere Zeit in den Dolomiten ist nun vorüber. Bevor wir Italien über den Reschenpass verlassen, schauen wir uns noch jeweils für einen Tag Bozen und Meran an. Bozen ist ganz nett und hat schöne Altstadtgassen.  Besonders die Laubengasse sei hier erwähnenswert. Hier, unter den Laubengängen florierte nämlich bereits im Mittelalter der Handel. Heute ist die Gasse mit ihren schönen Häuserfassaden und verspielten Erkern die attraktivste Einkaufsstraße Bozens.

Nach der wilden Zeit im Gebirge erschlägt uns hier aber hier emsige Geschäftigkeit und das Shoppingfieber der vorbeirauschenden Leute.  Daher reicht es uns nach einer Kaffeepause auf dem Waltherplatz auch.
Meran ist entzückend, ein einziger großer Garten mit üppiger südländischer Vegetation inmitten von alpiner Landschaft! Überall grünt es und an jeder Ecke verströmen Blüten einen intensiven Duft. Sogar in den Hauptstraßen. Kaiserin Sissi kam regelmäßig zum Kuren nach Meran und verhalf der Stadt zu einem blühenden Tourismus. Jede Menge Freizeiteinrichtungen entstanden, pompöse Gebäude wurden gebaut (wie z.B. das Kurhaus)

…und schöne Spazierwege, Promenaden und üppig grüne mediterrane Parks angelegt.

Von dem Kurflair ist auch heute noch viel zu spüren.

Nachteilig ist die Lage in einem Tal allerdings schon. Hier staut sich die Luft und es heizt sich am Tag schnell auf. Die schwüle Luft macht träge. Aber wie gut, dass es die ganzen Grünanlagen gibt, die Schatten spenden. Am rauschenden Fluss „Passer“ führen zu beider Seiten schön angelegte Promenaden entlang, sowie auch oberhalb der Stadt auf dem Tappeiner Weg und der Gilfpromenade, die zur Gilfklamm führt, wo man auf einer Brücke beobachten kann, wie die Passer rauschend durch die Schlucht strömt. Nicht weit entfernt gibt es eine Trainingsstrecke für Kayak-Rennfahrer. Und wir haben Glück. Gerade steigen zwei Kayaker zum Trainieren ins Wasser. Es bringt richtig Spaß den beiden zuzuschauen wie sie es mit größter Kraftanstrengung schaffen sich durch den Slalomparkur  zu paddeln.
Wir verabschieden uns von Italien und finden uns nach ca. 5 Stunden Fahrt in Deutschland wieder. Nach einem kurzen Aufenthalt werden wir weiterziehen. Wohin? Seid gespannt!